Sankt Martini - Kirchengeschichte
Ein Überblick über die mehr als 550jährige Geschichte von der Gründung des Frater-Herrenhauses im Jahre 1436 bis hin zur lebendigen Gemeinde von heute.
1436 Der Ursprung der Pfarrgemeinde St. Martini liegt in der Gründung und Eröffnung eines Frater-Herrenhauses der „Brüder vom gemeinsamen Leben". Fraterherrenhaus und die Fraterherrenkirche St. Martin waren bis zu ihrer Auflösung während der Säkularisation im Jahr 1808 ein geistliches Zentrum mit Ausstrahlung über die Stadt Wesel hinaus. Die „Brüder vom gemeinsamen Leben" in Wesel gehörten zur „devotia moderna" – d.h. zeitgemäße Frömmigkeit, eine moderne Form der Gottesverehrung.
Nach dem Einzug der Reformation in Wesel am Ostersonntag des Jahres 1540 führten die Fraterherren und die Dominikaner in der Stadt trotz mancher Beschwernisse die Seelsorge für die katholischen Christen fort.
Aus den beiden Zentren, Fraterherrenhaus und Dominikanerkloster, entwickelten sich die heutigen Pfarrgemeinden St. Martini und St. Mariä Himmelfahrt. Am 8. Juni 1734 wird vom Kölner Erzbischof die endgültige Teilung der beiden Pfarrgemeinden durchgeführt, so wie sie heute noch bestehen.
1808 Wesel wird am 22. Januar französisches Staatsgebiet. Mit Wirkung vom 09. Juni wird das gesamte katholische Kirchengut für den Staat beschlagnahmt. Die beiden katholischen Pfarrgemeinden der Stadt werden mit dem von Napoleon neu gebildeten Bistum Aachen vereint. Der letzte Rektor des Fraterherrenhauses Eveking wird als Pfarrer von St. Martini bestätigt.
1813/14 Napoleon veranlasst die Deportierung der Seminaristen aus dem Genter Priesterseminar, wo sie auf der Zitadelle für den Kriegsdienst ausgebildet wurden.
Es starben in Wesel 35 von ihnen an Seuchen und der schlechten Behandlung durch das französische Ausbildungspersonal.
Nach der Zurückgewinnung des Stadtgebietes durch die Preußen kommt es durch eine päpstliche Bulle zur Neuordnung der Bistümer in Deutschland. Mit Wirkung vom
20. April 1823 Die Stadt Wesel gehört nun zum Bistum Münster.
12. Februar 1832 Todestag von Pfarrer Eveking. Er war der 25. und letzte Rektor des Fraterherrenhauses und der letzte Fraterherr nach einer fast 400-jährigen Geschichte.
17. Mai 1836 Nach einem vierjährigen Kampf um die Selbständigkeit der Martinipfarrei wird Pfarrer Kamps als neuer Pfarrer in sein Amt eingeführt.
1847/50 Grundsteinlegung zur Vergrößerung der Pfarrkirche. Am 3. Juni findet die Konsekration der fast neuen Kirche durch den Bischof von Münster Johann Georg Müller statt.
1860 Ein schwerer Sturm bringt den Kirchturm der Martinikirche in Schieflage, er muss abgebrochen werden. 1864 wird der Turm neu errichtet.
1913 An die Leidenszeit der Genter Seminaristen erinnert das Denkmal auf dem Friedhof an der Caspar-Baur-Straße, das anlässlich der Hundertjahrfeier errichtet wurde.
1914 Der seit dem Jahr 1904 die Pfarrei leitende Pfarrer Theodor Kappenberg wird zum Domkapitular in Münster ernannt und einige Monate später zum Weihbischof von Münster geweiht. Sein Nachfolger wird Pfarrer Peter Kühne, der die Pfarrei bis 1945 leitet.
1927/28 Renovierung und Erweiterung der Pfarrkirche St. Martini. Die feierliche Einweihung fand am 8. November durch den Bischof von Münster Johannes Poggenburg statt.
1936 Die Pfarrgemeinde St. Martini begeht das Jubiläumsjahr der 500-Jahresfeier des Weseler Fraterherrenhauses. Das Ereignis wird in einer umfangreichen Festschrift von Heinrich Draht gewürdigt.
1945 Bei den Luftangriffen am 16., 18., 19. Februar werden die St. Martini-Pfarrkirche, das Pfarrhaus, 2 Kindergärten und das Schwesternhaus völlig zerstört.
17. März 1946 Heinrich van der Giet wird als neuer Pfarrer eingeführt.
1947 Auf dem Grundstück mit Resten der Reithalle auf dem Gelände der ehemaligen 43er Kaserne soll eine Notkirche errichtet werden. Am 6. Juni erfolgt eine Grundsteinlegung der neuen Kirche. In einer beispiellosen Aktion werden von den Pfarrgemeindemitgliedern aus den Trümmerfeldern der alten Kirche in ehrendienstlicher Arbeit rund 300.000 Steine gebrochen, „gepickt" und auf die Baugerüste geschafft. Am 14. November 1949 wird Richtfest gefeiert.
1949 Bei einem Kirchbaufest am 17. Juli wird Kreuz und Hahn auf dem Westgiebel aufgerichtet. Am 16. November findet die feierliche Konsekration der neuen Martini-Kirche durch den Diözesanbischof Dr. Michael Keller statt.
1952 Am 2. März erfolgte die Einweihung des Martinistiftes und des Kindergartens im Anbau zur Pfarrkirche.
1962 Der neue Kindergarten wird am 7. Juli eingeweiht. Im August ist der Rohbau des Paradieses vor dem Westportal der Kirche fertig.
1963 Die Kirche erhält einen Turm, Gesamthöhe 44m. Am 10. September wird Richtfest gefeiert. Das untere Turmgeschoss wird Marienkapelle (heute Turmkapelle). Am 18. September wird der Turmhelm mit Kreuz aufgesetzt.
1966 Im Mai wird der Erweiterungsbau zum Martinistift vollendet. Am 27. Mai wird die neue Martinus Orgel geweiht. Sie hat 33 Register mit 2432 klingenden Pfeifen. Gebaut wurde sie von der Firma Breil, Dorsten. Am 28. August wird der Umbau von Chorraum und Altar vollendet.
1974 Am 24 November stirb Pastor Heinrich von der Giet. Zum 28. April 1974 wird Engelbert Lindlar als neuer Pfarrer eingeführt.
1977/80 Das neue Pfarrhaus neben der Kirche wird im Januar fertig gestellt. Am 27. April 1980 wird das neue Pfarrzentrum seiner Bestimmung übergeben.
1984 Renovierung der Pfarrkirche; der neue Taufbereich wird dem historischen Passionsaltar zugeordnet. Pfarrer Lindlar nimmt am 5. August Abschied von der Gemeinde, der Bischof hat ihn zum Probst an St. Viktor in Xanten ernannt. Am 25. August wird Pastor Heinrich Pauen als Pfarrer in St. Martini eingeführt.
1986 Die Pfarrgemeinde blickt auf eine 550-jährige Geschichte zurück. Der Weihbischof für die Region Niederrhein, Dr. Ludwig Amerkamp, würdigt in einem Vorwort zur Neuauflage der Festschrift zur 500-Jahrfeier dieses besondere Ereignis. Unter dem Motto „Gemeinsam unterwegs" werden in Zusammenarbeit mit der Stadt Wesel in einer Ausstellung die Anfänge und die Geschichte dieses für viele Jahrhunderte über die Stadt Wesel hinaus wirksame geistliche Zentrum dokumentiert. Zur 550-Jahrfeier besucht Regionalbischof Dr. Reinhard Lettmann die Pfarrgemeinde St. Martini. Im Grußwort zum Ausstellungskatalog wünscht er der Pfarrgemeinde die Erfahrung, dass Christus uns auf diesem gemeinsamen Weg begleitet und uns den Weg führt, der uns als Menschen und als Christen zum Ziele führt.
1977 – 2000 Der Kirchenraum der St. Martini-Kirche wird renoviert und neu gestaltet. Alle Kirchenfenster werden saniert und mit einer Sicherheitsverglasung versehen. Es folgen 1999 die Neugestaltung des Altar- und Chorbereiches, die Renovierung des Kirchenraumes mit neuer Beleuchtung und neuer Akustikanlage, sowie die Neugestaltung der ehemaligen Marienkapelle als Turmkapelle. Die Weihe des neuen Altars fand am 27. März 1999 durch Weibischof Henrich Janssen statt. Als dritter Bauabschnitt wurde eine neue Marienkapelle angebaut, die am 22. Oktober 1999 eingeweiht wurde; zum Abschluss der Bauarbeiten wurde sie im Jahr 2000 mit einer Kunstverglasung (Wilhelm Buschulte, Unna) ausgeschmückt.